Pressemitteilung

201/2025/33/C
Fürth, den 28. Juli 2025

Innovativ und nützlich: künstliche Intelligenz erstmals unterstützend für Erntestatistik in Bayern im Einsatz

Fachteams im Bayerischen Landesamt für Statistik treiben Innovationen und Digitalisierung im Rahmen von Pilotprojekten und Kooperationen voran; nun steht für alle Interessierten ab sofort online eine interaktive Webkarte mit satellitengestützten Ertragsschätzungen für unterschiedliche Getreidearten zur Verfügung: https://gis-hsl.hessen.de/portal/apps/experiencebuilder/experience/?id=63c4e56e33724d6c9ea58e2381599888

Fürth. Das Fachteam des Bayerischen Landesamts für Statistik zeigt erstmalig für Bayern fernerkundlich ermittelte Ergebnisse zu Hektarerträgen wichtiger Anbaukulturen online in einer interaktiven Webkarte. Die durchgeführten KI-unterstützten Auswertungen nutzen maschinelle Lernverfahren (ML). Der erwartete Nutzen: Regionale Lücken in der amtlichen Ernteberichterstattung können künftig effizient geschlossen werden, indem mit den KI-Werkzeugen kleinräumige und flächendeckende Schätzergebnisse bereitgestellt werden. Da das experimentell angelegte Projekt eine weitgehende Automatisierung der Datenauswertungen zum Ziel hat, können künftig die Auskunft gebenden Landwirte entlastet und die Abläufe in der amtlichen Erntestatistik insgesamt vereinfacht werden.

Maschinelles Lernen basiert auf objektiv gemessenen Ernteerträgen
Die Ergebnisse des Kooperationsprojektes FernEE für Winterweizen, Winterroggen, Winterraps und Wintergerste fußen auf den gewogenen, objektiv gemessenen Naturalerträgen aus der repräsentativen Erhebung „Besondere Ernte- und Qualitätsermittlung“ (BEE). Die Verknüpfung mit Satellitendaten, den Wetter-, Boden- und Geländedaten ermöglicht die Entwicklung komplexer statistischer Schätzmodelle mittels maschineller Lernverfahren. Ebenso fließen flächendeckende georeferenzierte Daten der bayerischen Agrarförderung (Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem, InVeKoS) mit ein.

Fachteam sieht Qualität der Schätzergebnisse für Bayern als gut; weitere Analysen und Verfeinerungen der ML-Modelle vorgesehen
Die Ergebnisse des Jahres 2024 zeigen für Bayern gute Annäherungen des Schätzergebnisses an den aggregierten amtlich gemessenen Hektarertrag. So liegt die Schätzung für den Winterweizen mit 70,7 dt/ha mit einer Abweichung von geringen 1,7 Prozent sehr nahe am aggregierten gewogenen Ertrag (69,5 dt/ha). Die FernEE-Schätzung für Winterraps zeigt mit einem Wert von 37,2 Dezitonnen je Hektar (dt/ha) gerade mal ein halbes Prozent Unterschied nach unten zum amtlichen Ergebnis von 37,4 dt/ha. Bei der Wintergerste zeigt sich eine Differenz der FernEE-Ergebnisse von +1,2 Prozent (FernEE: 61,0 dt/ha, amtliches Ergebnis: 60,3 dt/ha) und beim Winterroggen von –3,3 Prozent (FernEE: 47,5 dt/ha, amtliches Ergebnis: 49,1 dt/ha).

Räumlich tiefer gegliederte amtliche Ergebnisse für die Landkreise fußen nicht auf
direkt gewogenen Ernteerträgen, sondern auf Schätzungen erfahrener Ernte- und
Betriebsberichterstatter. Auch hier treffen die FernEE-Schätzergebnisse mitunter sehr gut das amtliche Ergebnis zum durchschnittlichen Hektarertrag. Beispielsweise liegen die beiden Schätzergebnisse in den folgenden Landkreisen um weniger als ein Prozent auseinander: Tirschenreuth, Kreisfreie Stadt Fürth, Landshut, Haßberge, Mühldorf a. Inn, Schweinfurt, Landsberg am Lech, Dachau (Winterweizen), Main-Spessart, Regensburg, Aichach-Friedberg (Wintergerste), Weißenburg-Gunzenhausen und Landsberg am Lech (Winterraps) und im Landkreis Lichtenfels (Roggen).

Es zeigen sich auch Kreise, wo die Unterschiede hoch ausfallen. So ist die Abweichung beim Winterweizen im Landkreis Hof mit einem Plus von 48,8 Prozent am größten (FernEE: 66,8 dt/ha, amtliches Ergebnis: 44,9 dt/ha). Bei der Wintergerste zeigt sich der größte Unterschied im Landkreis München. Dort lassen die FernEE-Ergebnisse einen Hektarertrag von 63,0 dt/ha erwarten, während das amtliche Ergebnis bei 45,4 dt/ha liegt. Beim Winterraps sticht der Landkreis Bamberg mit einer Überschätzung um 26,3 Prozent heraus (FernEE: 34,1 dt/ha, amtliches Ergebnis 27,0 dt/ha). Die größte Abweichung beim Winterroggen findet sich im Landkreis Erlangen-Höchstadt mit einer Unterschätzung des amtlichen Hektarertrags (79,7 dt/ha) um 47,9 Prozent, die entsprechende FernEE-Schätzung liegt bei 41,5 dt/ha. Weitere Analysen zu den Abweichungen und Verfeinerungen bei Methode und KI-Werkzeugen sind bereits angelaufen.

KI-gestützte Modelle für FernEE werden sukzessive weiterentwickelt
So steht jetzt beispielsweise das weitere „Füttern mit Daten“ und damit Trainieren der ML-Modelle mit ganz oben auf dem Maßnahmenkatalog. Zudem werden
wichtige Einflussgrößen – exemplarisch sei die ökologische Bewirtschaftung genannt – methodisch und prozessual in den Gesamtprozess der Statistikproduktion zu integrieren und deren Belastbarkeit zu überprüfen sein. Auch wird noch geprüft, inwiefern die bisherige und die experimentelle Methodik harmonisiert werden können. Ein Beispiel:  In amtlichen Ernteerhebungen werden heute Anbauflächen dem Kreis zugeordnet, in welchem sich der landwirtschaftliche Betriebssitz befindet und nicht entsprechend ihrer eigentlichen Lage. Im Pilotprojet FernEE ist das anders: Anbauflächen werden nach ihrer geographischen Lage zusammengefasst.

Interaktive Karte ab sofort online verfügbar
Die interaktive Webkarte zu den Ergebnissen des Projektes FernEE für Bayern verdeutlicht das Potenzial der neuen Methodik und steht unter dem folgenden Link ab sofort zur Verfügung:

https://gis-hsl.hessen.de/portal/apps/experiencebuilder/experience/?id=63c4e56e33724d6c9ea58e2381599888 .

Hinweise:
Ergebnisse zur amtlichen Ernteberichterstattung des Jahres 2024 enthält der Statistische Bericht C II 1 j 2024:
Ernte der Feldfrüchte und des Grünlandes in Bayern 2024“ (Bestellnummer: C2102C 202400).